Donnerstag, 23. Februar 2012
Der Frühlingsdrache erwacht
Heute ist mal wieder ein Fest, von dem man sonst so gar nichts mitbekommen würde. Meine Schwiegermama hat aber meinen Mann angerufen und ihm mitgeteilt, dass heute das "Frühlingsdrachenfest" 春龙节/龙抬头 ist. Qiwei meinte nur, an diesem Tag ist es gut, wenn man zum Friseur geht und ins Badehaus. Na gut, wenn er meint, ich habe leider keine Zeit dafür. Habe aber mal im Internet recherchiert, was das denn für ein Fest ist.
Traditionell ist es ein Bauernfest. Mit diesem Fest ehrt man den Drachenkönig, damit dieser Regen bringt und so eine gute Ernte ermöglicht (bei uns hat der Drachenkönig Schnee gebracht). Traditionell wurden verschiedene Mehlspeisen gegessen, die alle nach Körperteilen des Drachen benannt wurden, so waren die Jiaozi zum Beispiel die Zähne des Drachen... Ansonsten gab es noch Pfannkuchen, Nudeln usw. Dann wurden an diesem Tag auch die Insekten aus der Wohnung ausgeräuchert, da es an diesem Tag wieder wärmer sein sollte. Man nahm Bündel mit Kräutern, verbrannte diese und schwenkte sie durch die Wohnung. Heute tragen Frauen und Kinder Säckchen mit verschiedenen Kräutern drin, die Glück bringen sollen, allerdings werden sie nicht mehr gegen Insekten angewandt.
Von Duschen oder Friseur habe ich nirgendwo was gelesen. Aber gut, wenn meine Schwiegermama das sagt... Sie muss es ja irgendwo her haben.

Hab ich eigentlich schonmal den Unterschied zwischen einem deutschen und einem chinesischen Drachen erklärt? Soweit ich mich erinnere, noch nicht…
Der deutsche oder europäische Drache ist ein böses und gemeines Monster, das Prinzessinnen entführt oder Menschen tötet und frisst und so weiter, alles in allem also ein böses feuerspuckendes Ungeheuer. Das ist in China etwas anders. Ein Drache wird in China vielmehr als Gottheit angesehen und nicht als Monster. Es gibt aber auch in China böse Drachen, zum Beispiel welche, die Fluten verursachen. Ein Drache ist in China eine Erklärung für natürliche Vorgänge, zum Beispiel Wetter oder Naturkatastrophen. Es gibt zwei Arten von Drachen: den Wasserdrachen und den Feuerdrachen, die wie im Westen Feuer spucken können. Das Aussehen des Drachen ist eine Zusammenwürfelung unterschiedlicher Tiere: Körper einer Schlange, Schuppen eines Karpfen, Kopf eines Wasserbüffels, Klauen eines Adlers, ein Hirschgeweih auf dem Kopf, Löwengebiss… Hauptsächlich sind Drachen für Regen verantwortlich, oder allgemeiner gesagt: für Wetter, denn es gibt auch Drachen, die Donner verursachen etc.
Der Drache ist ein Symbol des Kaisers und nur er durfte den kaiserlichen Drachen (mit fünf Klauen) auch als Symbol verwenden, Beamte durften je nach Rang Drachen mit drei oder vier Klauen als Symbol nutzen. Wer allerdings als Normalsterblicher den Drachen verwendete, der riskierte damit sein Leben, da dies bei Todesstrafe verboten war.

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Donnerstag, 16. Februar 2012
Valentinstag in China
Nur ein kurzer Bericht hierzu. Zwar kommt der Valentinstag ursprünglich aus dem Westen, doch wie schon an Weihnachten erwähnt, übernehmen die Chinesen gerne Feste, die ein großes Potential für Konsum bieten. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass der Valentinstag in Deutschland nicht rein konsumorientiert wäre, aber hier ist es noch ein bisschen extremer oder vielleicht war ich an Valentinstag in Deutschland noch nicht einkaufen...

In der Firma rannten wider Erwarten nicht alle mit Blumen herum, dafür aber in der Stadt als ich abends heim kam. Qiwei und ich hatten uns bei Xinglong 兴隆 verabredet, einem großen Supermarkt in Yingkou. Der eigentliche Supermarkt ist im dritten Stock, in den ersten beiden Stockwerken gibt es andere Verkaufsstände bzw. Läden, z.B. Kleider, Schuhe, Taschen, Schmuck, Blumen, Spielsachen usw. Wir wollten unsere Trauringe endlich mal kaufen. Passt ja so am Valentinstag und so.

Ich bin als erste bei Xinglong angekommen. Erst wäre ich fast nicht über die Straße gekommen, weil so viel Verkehr war und dann bin ich fast nicht ins Geschäft reingekommen, weil da so viel los war. Hammer!!! Überall Menschen... Die VerkäuferInnen waren schon total überfordert. Mist, ich habe vergessen ein Foto zu machen, aber der letzte Schrei in China sind Teddybärensträuße. Ich schau gleich mal nach Fotos im Internet.



Das ist Kitsch in seiner reinsten Form, wie er kitschiger nicht mehr sein kann. Übrigens verstehen Chinesen das Wort "kitschig" nicht. Eine Freundin versuchte es mal einer Chinesin zu erklären und die meinte dann am Ende "Also heißt kitschig süß?!"

Naja, jedenfalls habe ich mich dann umgesehen, da Qiwei noch nicht da war. Mit umgesehen meine ich, ich habe mich versucht durch die Menschenmassen zu quetschen und habe mich dann in die Schuhabteilung gerettet, wo niemand war.

Dafür waren wohl fast alle im Schmuckgeschäft, in das wir auch wollten. Ich quetschte mich an all den wartenden Chinesen vorbei (man lernt hier mit der Zeit seine guten Manieren abzulegen, wenn es nötig ist) und setzte mich auf einen der Hocker vor der Theke. Da haben wir dann die Ringe nochmal anprobiert und haben noch einen Anhänger aus Weißgold dazu bekommen, weil es ein tolles Angebot gab. Pro 1000 RMB, die man für den ersten Artikel ausgegeben hat, bekommt man 150 RMB Nachlass auf den nächsten Artikel usw., also hat Qiwei beschlossen, mir noch einen Anhänger zu schenken, um den Rabatt für den zweiten Artikel auch noch zu bekommen.

Hier unsere Ringe, sind aus Platin und ganz einfach. Wir haben uns letztendlich gegen ein kompliziertes Design entschieden. Dafür sind die aber total komfortabel zu tragen. Denn die sind innen abgerundet. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass ich meinen Ring nicht zu schnell verliere (denn ich bin mir fast sicher, dass ich ihn definitiv irgendwann verlieren werde ;)



Nach dem Einkaufen wollten wir dann noch romantisch Essen gehen und das geht am besten in einem westlichen Restaurant. Allerdings wissen das auch die Chinesen und wir haben nur noch in einem Café Platz bekommen, wo das Essen nicht sooo toll ist, aber dafür die Atmosphäre in Ordnung.

Joa, das war dann unser Valentinstag.

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Donnerstag, 9. Februar 2012
Betrunken am Laternenfest
Diesmal war es ausnahmsweise mal nicht ich, aber erstmal ganz von vorne…

Am Montag war der 15. Tag des ersten Monats des chinesischen Mondkalenders. An diesem Tag wird das sogenannte Laternenfest (auf Chinesisch Yuanxiao-Fest元宵节, also Klebreisbällchenfest).

Was ist das Laternenfest und wie ist es entstanden? Dazu gibt es viele Legenden (mein Volkskunde-Professor würde mir jetzt wohl einen Arschtritt verpassen, da ich meine Abschlussprüfung über Erzählforschung geschrieben habe und Legende hier definitiv der falsche Ausdruck ist, aber egal…). Eine davon (die, die mir am besten gefällt) geht so:

Vor langer, langer Zeit gab es auf der Erde viele wilde Tiere, die auch den Menschen gefährlich wurden. Also machten die Menschen Jagd auf die Tiere und verbündeten sich gegen sie. Eines Tages erschoss ein junger, unerfahrener Jäger versehentlich einen Vogel aus dem Paradies. Als der Himmelskaiser dies sah, wurde er sehr wütend und wollte die Menschen bestrafen. Er beschloss von da an jedes Jahr am 15. Tag des ersten Mondmonats seine Soldaten zur Erde zu schicken und alles verbrennen zu lassen.
Dies jedoch hörte die Tochter des Himmelskaisers, die ein gutes Herz hatte und es nicht ertragen konnte, dass so viele unschuldige Menschen sterben sollten. Also schlich sie eines nachts heimlich zur Erde hinab und berichtete den Menschen vom Plan des Himmelskaisers.
Die Menschen bekamen Angst und wussten keine Lösung. Einem alten Mann aber kam eine Idee: Man solle am 15. Tag des ersten Monats an allen Häusern Laternen anzünden, Feuerwerke abfeuern und Räucherstäbchen verbrennen. Und so geschah es dann auch am 15. Tag des ersten Monats.
Der Himmelskaiser blickte an diesem Tag erwartungsvoll zur Erde und als er das rote Feuer, das Krachen und den Rauch bemerkte, war er mit sich zufrieden. Seitdem feiern die Menschen jedes Jahr den Sieg über die Gottheit und um sich auch weiterhin zu schützen, werden jedes Jahr am 15. Tag des ersten Monats Laternen aufgehängt und es gibt ein großes Feuerwerk.

Und so kam es dann auch am 6. Februar, dass überall Laternen aufgehängt wurden (beziehungsweise, sie hingen schon seit Anfang des Frühlingsfestes) und es gab Feuerwerke ohne Ende. Ich dachte schon, die Leute hätten all ihre Vorräte endlich aufgebraucht, aber nein, gestern und heute krachte es auch ab und zu mal… Tja, die Chinesen und das Feuerwerk – eine ganz besondere Freundschaft. So richtig Laternenausstellung und so gibt es hier wohl nicht. Das gab es nämlich traditionell am Laternenfest auch, es wurden kunstvolle Laternen aus allen möglichen Materialien (auch Glas oder Jade) hergestellt und dann ausgestellt. Aber solche Ausstellungen gibt es wohl nur noch auf Taiwan, wo sowieso alles etwas traditioneller ist als auf dem chinesischen Festland.

Hier ein Beispiel für eine Laternenausstellung auf Taiwan:



Und eine Laternenstraße, die gibt es hier auch:



Was wird sonst noch gemacht? Man kann draußen spazieren gehen und beispielsweise die Feuerwerke bewundern. Ich hatte ja das Glück an dem Tag zu arbeiten, ja, wirklich Glück! Denn auf der Heimfahrt mit dem Bus konnte ich gaaaanz viele tolle Feuerwerke anschauen… und das mit Panorama-Aussicht aus dem Busfenster. Besser geht es gar nicht.

Feuerwerke in Yingkou (Laternenfest 2011):







Ach ja, und nicht zu vergessen, die Yuanxiao, das sind kleine Bällchen aus Klebreismehl, die mit unterschiedlichen Füllungen gefüllt sind, zum Beispiel Sesampaste, Erdnusspaste, Rote Bohnenpaste (auch süß – Chinesen und Japaner stehen auf Bohnen als Nachspeise, andere Asiaten im Prinzip auch), modernere Varianten gibt es mit Erdbeerfüllung o.ä. Die Dinger kauft man entweder gefroren oder frisch gerollt im Supermarkt und kocht sie dann. Sie sind sehr glibberig und wer von sich behauptet, er könne gut mit Stäbchen essen, soll doch bitte erst einmal ein Yuanxiao mit Stäbchen essen. (Fischbällchen sind noch schwieriger, Yuanxiao lassen sich nämlich zwischen den Stäbchen einquetschen, Fischbällchen aber nicht…). Eine Schale Yuanxiao steht für den Zusammenhalt in der Familie, weil die Bällchen alle zusammen in einer Suppe schwimmen… (dazu fällt mir das Sprichwort „im selben Boot sitzen“ ein; „in der selben Schüssel schwimmen“ hehe)…

Eine Schüssel Yuanxiao:



Wir haben die Tradition etwas gebrochen. Rudi von meiner Arbeit hatte nämlich angeboten uns zum Essen einzuladen. Also sind er, seine Freundin und mein Chef nach Yingkou gekommen und wir sind zusammen „in Wasser gekochten Fisch“ (水煮鱼) essen gegangen. Der Name ist aber irreführend, dieser Fisch schwimmt in Öl, dass mit tausenden von Chilis und Sichuanpfefferkörnern gewürzt ist, ist also höllisch scharf, aber lecker!!! Natürlich gab es ja auch noch viele andere leckere Gerichte, die meisten davon aber scharf. Hier noch ein Bild des Fisches:



Irgendwann ist mein Chef dann aufs Klo verschwunden und wir haben gemerkt, dass er wieder zurück ist, als draußen plötzlich ein Chinese auf Englisch herumgelallt hat. Peter hat ihn natürlich zu uns ins Separé eingeladen. Der Gute wollte ja unbedingt seine Englischkenntnisse an uns Laowais 老外 („laowai“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für Ausländer in China, den man als Ausländer wohl am häufigsten hört, immer wieder heißt es hinter deinem Rücken oder manchmal auch direkt ins Gesicht „Oh, guck mal, ein Laowai!!!“ und dazu kommt dann das verblüffte Gesicht… Man kann ja schließlich auch davon ausgehen, dass so ein doofer Laowai auch kein Chinesisch versteht, das würde ja nahezu an ein Wunder grenzen, wenn er/sie Chinesisch könnte ;-)) ausprobieren.
Obwohl der Junge (etwa 24 Jahre alt) ziemlich betrunken war und ständig das gleiche gelallt hat, unter anderem hat er Rudis Freundin (22, was sie ihm auch ständig gesagt hat) die ganze Zeit mit „große Schwester“ angesprochen, dachte Qiwei hätte einen Doktortitel und wollte ihm nicht glauben, dass er keinen hat (Grund: die Schwester der Betrunkenen promoviert in Deutschland und ich meinte, man könnte dafür „doctor“ auf Englisch sagen, da wir davor von Qiwei als „doctor“ gesprochen hatten, ging er natürlich davon aus, das wäre das Gleiche!) und zum Schluss hat er uns so richtig zum Lachen gebracht, als er Rudi mit einem Viech aus Ice Age 2 verglichen hat: „Your name is Peter, your name is Martha, and your name is…???“ „Rudi“ „Ah, yes, Rudi, this I can remember, in Ice Age 2 there is a monster named Rudi!“ 5 Minuten später: “What was your name again?” Rudi: “You know, the monster from Ice Age 2…” “Ah, Rudi!!!” Göttlich… Wir haben uns fast totgelacht… Er wollte dann allen noch Zigaretten anbieten, hat sich vielmals entschuldigt, dass er unser Essen nicht bezahlen kann, weil er nicht so viel Geld dabei hat usw., bis wir dann endlich beschlossen haben zu gehen…

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