Gestern waren Qiwei und ich mit ein paar Ärzten von Qiweis Abteilung beim sogenannten 漂流 (piao liu). Das ist ein bisschen wie Rafting, nur das man nebenbei noch mit Wasserpistolen auf die anderen Boote schießt. War echt super. Das war bis jetzt so ziemlich meine lustigste Unternehmung in China. Macht vor allem bei diesen hohen Temperaturen viel Spaß. Leider habe ich keine Fotos machen können. Selbst wenn, hätte meine Kamera das ganze Spektakel wohl kaum überlebt.

Wir sind erst mal mit einem gemieteten Kleinbus etwa eine Stunde raus aufs Land gefahren und sind dann dort an einen Fluß. Die Fahrt selbst war schon ein Erlebnis für sich. Das Auto hatte eine so extrem schlechte Federung, dass man bei jedem noch so kleinen Schlagloch fast an die Decke geschleudert wurde. Der Fahrstil unseres Fahrers hat das Ganze auch nicht gerade besser gemacht. Da ab und zu unerwartet Kühe, Esel oder auch Menschen mit diversen Fahrzeugen auf der Straße waren, hat er dann immer abrupt gebremst und man hatte das Gefühl, dass das ganze Auto sich gleich vornüber überschlägt.

Dennoch sind wir irgendwie am Ziel angekommen und dort wurden wir dann auch gleich mit allem Nötigen ausgestattet: Wasserpistolen, Rettungswesten, Wasserschutzanzüge aus Plastik (ich habe meinen nach weniger als einer Minute wieder ausgezogen, da es unter der Plastikhülle höllisch heiß wurde)... Manche Leute haben sich auch Schüsseln gekauft, warum, erkläre ich später...

Außer uns waren noch hunderte andere Menschen da. Auf ging es also in ein großes Schlauchboot. In einem Boot saßen immer vier bis zehn Leute - wir waren zu siebt: Qiwei, ich, Qiweis Chefin, ihre Tochter und deren Freund, ihre Schwester und deren Tochter. So ging es also los. Ich hatte bis dahin noch nicht wirklich Ahnung, was als nächstes passieren wird. Wir wurden von der Strömung flussabwärts getrieben zusammen mit vielen vielen anderen Booten. Nach nur wenigen Metern ging es los: Wir wurden von allen Seiten attakiert und mit Wasser beschossen, ich glaube, ich war nach spätestens fünf Minuten von oben bis unten durchnässt. Nach weiteren fünf Minuten war meine Waffe leider kaputt, so dass ich mich erstmal im hinteren Teil des Bootes versteckt habe. Gut, dass wir vorher eine Kappe gekauft hatten, sonst wäre mein Gesicht komplett verbrannt gewesen und ich hätte mich überhaupt nicht vor den Wasserstrahlen schützen können.

Nach einer Weile bekam ich dann die Waffe von jemandem anderen im Boot und ich konnte wieder richtig loslegen und unser Boot verteidigen. Komischerweise legte unser Boot immer seltsame Kurse ein, so dass wir mehrmals aus dem Boot steigen mussten und es umlenken mussten. Einmal sind wir in einen Seitenarm des Flusses getrieben worden, aus dem wir uns aufgrund der starken Strömung nicht mehr anders rausretten konnten. Wir mussten alle aus dem Boot aussteigen und es wieder hochtragen. Diese blöden Schlauchboote sind verdammt schwer...

Und wieder ging es auf in die Schlacht. Der nächste Kampf stand bevor. Wir beschossen ein Boot und wurden von diesem auch beschossen. Ach ja, warum Schüsseln? Damit kann man auch sehr effektiv andere Leute mit Wasser begießen! Wir waren diesmal ganz nah am anderen Boot dran. Durch die Strömung wurden wir auf das andere Boot getrieben und beschossen uns aus nächster Nähe. Plötzlich ergriff einer der Gegner meine Waffe und wollte sie mir wegnehmen. So leicht wollte ich mich nicht geschlagen geben. Ich ließ nicht los und als die Boote wieder auseinandergingen, hielt ich immer noch die Waffe fest und wurde mit dem gegnerischen Boot weggeschleift, so dass es nicht anders enden konnte, als dass ich über Bord ging. Ich wurde dann ein Stück mitgezogen, weil der Mann, der mir die Waffe weggenommen hat, mich festhielt und ins Boot ziehen wollte. Ich riss mich aber los und watete dann in dem hüfthohen Wasser zu unserem Boot zurück. Ich hatte ein bisschen die Orientierung verloren und hatte sah erst jetzt, dass unser Boot schon ein ganzes Stück weiter war und dass Qiwei auch im Wasser lag. Er war nämlich nachdem ich rausgefallen war, sofort hinterher gesprungen... Mein Held ;)

Nach etwa fünf Kilometern und unendlich großem Kraftaufwand - ich habe heute einen unglaublichen Muskelkater in beiden Armen und Schultern - sind wir dann auch am Ziel angekommen. Gegen Ende der Strecke hatte fast niemand mehr Kraft, auf andere zu schießen. Ich ging sofort duschen und zog mir trockene Klamotten an, da ich immer noch tropfnass war. Denn sobald man einigermaßen trocken war, wurde man wieder beschossen.

Bis dahin hatte ich mich gut vor der Sonne geschützt und war schön braun geworden. Danach warteten wir im Schatten eines großen Baumes bis unser Fahrer einen Teil unserer Gruppe wieder zum Ausgangspunkt gebracht hatte, wo deren Auto stand. Als der Fahrer wieder zurück war, war ich krebsrot. Das merkte ich erst später, als wir in einem Restaurant beim Essen waren und mein Bein jedes Mal weh tat, wenn Qiwei mich berührte...

Übrigens ist unser "Zwischenfall" noch gut verlaufen. Ein Bekannter von Qiwei, der im zweiten Boot dabei war, ist so unglücklich aus dem Boot gestürzt, dass er danach im Krankenhaus am Bein genäht werden musste. War auch nicht so schlimm, aber war eine relativ tiefe Wunde.

Ach ja, wir mussten dann nur noch die Rückfahrt überstehen, die aus unerklärlichen Gründen noch viel schlimmer war, als die Hinfahrt. Aber wir haben auch diese heil überlebt und sind gut und sicher wieder in Yingkou angekommen.

Alles in allem war es ein super Erlebnis und ein wunderschöner Tag!!! Wird auf jeden Fall wiederholt!