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Donnerstag, 9. Februar 2012
Betrunken am Laternenfest
Donnerstag, 09. Februar 2012
Diesmal war es ausnahmsweise mal nicht ich, aber erstmal ganz von vorne…
Am Montag war der 15. Tag des ersten Monats des chinesischen Mondkalenders. An diesem Tag wird das sogenannte Laternenfest (auf Chinesisch Yuanxiao-Fest元宵节, also Klebreisbällchenfest).
Was ist das Laternenfest und wie ist es entstanden? Dazu gibt es viele Legenden (mein Volkskunde-Professor würde mir jetzt wohl einen Arschtritt verpassen, da ich meine Abschlussprüfung über Erzählforschung geschrieben habe und Legende hier definitiv der falsche Ausdruck ist, aber egal…). Eine davon (die, die mir am besten gefällt) geht so:
Vor langer, langer Zeit gab es auf der Erde viele wilde Tiere, die auch den Menschen gefährlich wurden. Also machten die Menschen Jagd auf die Tiere und verbündeten sich gegen sie. Eines Tages erschoss ein junger, unerfahrener Jäger versehentlich einen Vogel aus dem Paradies. Als der Himmelskaiser dies sah, wurde er sehr wütend und wollte die Menschen bestrafen. Er beschloss von da an jedes Jahr am 15. Tag des ersten Mondmonats seine Soldaten zur Erde zu schicken und alles verbrennen zu lassen.
Dies jedoch hörte die Tochter des Himmelskaisers, die ein gutes Herz hatte und es nicht ertragen konnte, dass so viele unschuldige Menschen sterben sollten. Also schlich sie eines nachts heimlich zur Erde hinab und berichtete den Menschen vom Plan des Himmelskaisers.
Die Menschen bekamen Angst und wussten keine Lösung. Einem alten Mann aber kam eine Idee: Man solle am 15. Tag des ersten Monats an allen Häusern Laternen anzünden, Feuerwerke abfeuern und Räucherstäbchen verbrennen. Und so geschah es dann auch am 15. Tag des ersten Monats.
Der Himmelskaiser blickte an diesem Tag erwartungsvoll zur Erde und als er das rote Feuer, das Krachen und den Rauch bemerkte, war er mit sich zufrieden. Seitdem feiern die Menschen jedes Jahr den Sieg über die Gottheit und um sich auch weiterhin zu schützen, werden jedes Jahr am 15. Tag des ersten Monats Laternen aufgehängt und es gibt ein großes Feuerwerk.
Und so kam es dann auch am 6. Februar, dass überall Laternen aufgehängt wurden (beziehungsweise, sie hingen schon seit Anfang des Frühlingsfestes) und es gab Feuerwerke ohne Ende. Ich dachte schon, die Leute hätten all ihre Vorräte endlich aufgebraucht, aber nein, gestern und heute krachte es auch ab und zu mal… Tja, die Chinesen und das Feuerwerk – eine ganz besondere Freundschaft. So richtig Laternenausstellung und so gibt es hier wohl nicht. Das gab es nämlich traditionell am Laternenfest auch, es wurden kunstvolle Laternen aus allen möglichen Materialien (auch Glas oder Jade) hergestellt und dann ausgestellt. Aber solche Ausstellungen gibt es wohl nur noch auf Taiwan, wo sowieso alles etwas traditioneller ist als auf dem chinesischen Festland.
Hier ein Beispiel für eine Laternenausstellung auf Taiwan:

Und eine Laternenstraße, die gibt es hier auch:

Was wird sonst noch gemacht? Man kann draußen spazieren gehen und beispielsweise die Feuerwerke bewundern. Ich hatte ja das Glück an dem Tag zu arbeiten, ja, wirklich Glück! Denn auf der Heimfahrt mit dem Bus konnte ich gaaaanz viele tolle Feuerwerke anschauen… und das mit Panorama-Aussicht aus dem Busfenster. Besser geht es gar nicht.
Feuerwerke in Yingkou (Laternenfest 2011):



Ach ja, und nicht zu vergessen, die Yuanxiao, das sind kleine Bällchen aus Klebreismehl, die mit unterschiedlichen Füllungen gefüllt sind, zum Beispiel Sesampaste, Erdnusspaste, Rote Bohnenpaste (auch süß – Chinesen und Japaner stehen auf Bohnen als Nachspeise, andere Asiaten im Prinzip auch), modernere Varianten gibt es mit Erdbeerfüllung o.ä. Die Dinger kauft man entweder gefroren oder frisch gerollt im Supermarkt und kocht sie dann. Sie sind sehr glibberig und wer von sich behauptet, er könne gut mit Stäbchen essen, soll doch bitte erst einmal ein Yuanxiao mit Stäbchen essen. (Fischbällchen sind noch schwieriger, Yuanxiao lassen sich nämlich zwischen den Stäbchen einquetschen, Fischbällchen aber nicht…). Eine Schale Yuanxiao steht für den Zusammenhalt in der Familie, weil die Bällchen alle zusammen in einer Suppe schwimmen… (dazu fällt mir das Sprichwort „im selben Boot sitzen“ ein; „in der selben Schüssel schwimmen“ hehe)…
Eine Schüssel Yuanxiao:

Wir haben die Tradition etwas gebrochen. Rudi von meiner Arbeit hatte nämlich angeboten uns zum Essen einzuladen. Also sind er, seine Freundin und mein Chef nach Yingkou gekommen und wir sind zusammen „in Wasser gekochten Fisch“ (水煮鱼) essen gegangen. Der Name ist aber irreführend, dieser Fisch schwimmt in Öl, dass mit tausenden von Chilis und Sichuanpfefferkörnern gewürzt ist, ist also höllisch scharf, aber lecker!!! Natürlich gab es ja auch noch viele andere leckere Gerichte, die meisten davon aber scharf. Hier noch ein Bild des Fisches:

Irgendwann ist mein Chef dann aufs Klo verschwunden und wir haben gemerkt, dass er wieder zurück ist, als draußen plötzlich ein Chinese auf Englisch herumgelallt hat. Peter hat ihn natürlich zu uns ins Separé eingeladen. Der Gute wollte ja unbedingt seine Englischkenntnisse an uns Laowais 老外 („laowai“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für Ausländer in China, den man als Ausländer wohl am häufigsten hört, immer wieder heißt es hinter deinem Rücken oder manchmal auch direkt ins Gesicht „Oh, guck mal, ein Laowai!!!“ und dazu kommt dann das verblüffte Gesicht… Man kann ja schließlich auch davon ausgehen, dass so ein doofer Laowai auch kein Chinesisch versteht, das würde ja nahezu an ein Wunder grenzen, wenn er/sie Chinesisch könnte ;-)) ausprobieren.
Obwohl der Junge (etwa 24 Jahre alt) ziemlich betrunken war und ständig das gleiche gelallt hat, unter anderem hat er Rudis Freundin (22, was sie ihm auch ständig gesagt hat) die ganze Zeit mit „große Schwester“ angesprochen, dachte Qiwei hätte einen Doktortitel und wollte ihm nicht glauben, dass er keinen hat (Grund: die Schwester der Betrunkenen promoviert in Deutschland und ich meinte, man könnte dafür „doctor“ auf Englisch sagen, da wir davor von Qiwei als „doctor“ gesprochen hatten, ging er natürlich davon aus, das wäre das Gleiche!) und zum Schluss hat er uns so richtig zum Lachen gebracht, als er Rudi mit einem Viech aus Ice Age 2 verglichen hat: „Your name is Peter, your name is Martha, and your name is…???“ „Rudi“ „Ah, yes, Rudi, this I can remember, in Ice Age 2 there is a monster named Rudi!“ 5 Minuten später: “What was your name again?” Rudi: “You know, the monster from Ice Age 2…” “Ah, Rudi!!!” Göttlich… Wir haben uns fast totgelacht… Er wollte dann allen noch Zigaretten anbieten, hat sich vielmals entschuldigt, dass er unser Essen nicht bezahlen kann, weil er nicht so viel Geld dabei hat usw., bis wir dann endlich beschlossen haben zu gehen…
Am Montag war der 15. Tag des ersten Monats des chinesischen Mondkalenders. An diesem Tag wird das sogenannte Laternenfest (auf Chinesisch Yuanxiao-Fest元宵节, also Klebreisbällchenfest).
Was ist das Laternenfest und wie ist es entstanden? Dazu gibt es viele Legenden (mein Volkskunde-Professor würde mir jetzt wohl einen Arschtritt verpassen, da ich meine Abschlussprüfung über Erzählforschung geschrieben habe und Legende hier definitiv der falsche Ausdruck ist, aber egal…). Eine davon (die, die mir am besten gefällt) geht so:
Vor langer, langer Zeit gab es auf der Erde viele wilde Tiere, die auch den Menschen gefährlich wurden. Also machten die Menschen Jagd auf die Tiere und verbündeten sich gegen sie. Eines Tages erschoss ein junger, unerfahrener Jäger versehentlich einen Vogel aus dem Paradies. Als der Himmelskaiser dies sah, wurde er sehr wütend und wollte die Menschen bestrafen. Er beschloss von da an jedes Jahr am 15. Tag des ersten Mondmonats seine Soldaten zur Erde zu schicken und alles verbrennen zu lassen.
Dies jedoch hörte die Tochter des Himmelskaisers, die ein gutes Herz hatte und es nicht ertragen konnte, dass so viele unschuldige Menschen sterben sollten. Also schlich sie eines nachts heimlich zur Erde hinab und berichtete den Menschen vom Plan des Himmelskaisers.
Die Menschen bekamen Angst und wussten keine Lösung. Einem alten Mann aber kam eine Idee: Man solle am 15. Tag des ersten Monats an allen Häusern Laternen anzünden, Feuerwerke abfeuern und Räucherstäbchen verbrennen. Und so geschah es dann auch am 15. Tag des ersten Monats.
Der Himmelskaiser blickte an diesem Tag erwartungsvoll zur Erde und als er das rote Feuer, das Krachen und den Rauch bemerkte, war er mit sich zufrieden. Seitdem feiern die Menschen jedes Jahr den Sieg über die Gottheit und um sich auch weiterhin zu schützen, werden jedes Jahr am 15. Tag des ersten Monats Laternen aufgehängt und es gibt ein großes Feuerwerk.
Und so kam es dann auch am 6. Februar, dass überall Laternen aufgehängt wurden (beziehungsweise, sie hingen schon seit Anfang des Frühlingsfestes) und es gab Feuerwerke ohne Ende. Ich dachte schon, die Leute hätten all ihre Vorräte endlich aufgebraucht, aber nein, gestern und heute krachte es auch ab und zu mal… Tja, die Chinesen und das Feuerwerk – eine ganz besondere Freundschaft. So richtig Laternenausstellung und so gibt es hier wohl nicht. Das gab es nämlich traditionell am Laternenfest auch, es wurden kunstvolle Laternen aus allen möglichen Materialien (auch Glas oder Jade) hergestellt und dann ausgestellt. Aber solche Ausstellungen gibt es wohl nur noch auf Taiwan, wo sowieso alles etwas traditioneller ist als auf dem chinesischen Festland.
Hier ein Beispiel für eine Laternenausstellung auf Taiwan:

Und eine Laternenstraße, die gibt es hier auch:

Was wird sonst noch gemacht? Man kann draußen spazieren gehen und beispielsweise die Feuerwerke bewundern. Ich hatte ja das Glück an dem Tag zu arbeiten, ja, wirklich Glück! Denn auf der Heimfahrt mit dem Bus konnte ich gaaaanz viele tolle Feuerwerke anschauen… und das mit Panorama-Aussicht aus dem Busfenster. Besser geht es gar nicht.
Feuerwerke in Yingkou (Laternenfest 2011):



Ach ja, und nicht zu vergessen, die Yuanxiao, das sind kleine Bällchen aus Klebreismehl, die mit unterschiedlichen Füllungen gefüllt sind, zum Beispiel Sesampaste, Erdnusspaste, Rote Bohnenpaste (auch süß – Chinesen und Japaner stehen auf Bohnen als Nachspeise, andere Asiaten im Prinzip auch), modernere Varianten gibt es mit Erdbeerfüllung o.ä. Die Dinger kauft man entweder gefroren oder frisch gerollt im Supermarkt und kocht sie dann. Sie sind sehr glibberig und wer von sich behauptet, er könne gut mit Stäbchen essen, soll doch bitte erst einmal ein Yuanxiao mit Stäbchen essen. (Fischbällchen sind noch schwieriger, Yuanxiao lassen sich nämlich zwischen den Stäbchen einquetschen, Fischbällchen aber nicht…). Eine Schale Yuanxiao steht für den Zusammenhalt in der Familie, weil die Bällchen alle zusammen in einer Suppe schwimmen… (dazu fällt mir das Sprichwort „im selben Boot sitzen“ ein; „in der selben Schüssel schwimmen“ hehe)…
Eine Schüssel Yuanxiao:

Wir haben die Tradition etwas gebrochen. Rudi von meiner Arbeit hatte nämlich angeboten uns zum Essen einzuladen. Also sind er, seine Freundin und mein Chef nach Yingkou gekommen und wir sind zusammen „in Wasser gekochten Fisch“ (水煮鱼) essen gegangen. Der Name ist aber irreführend, dieser Fisch schwimmt in Öl, dass mit tausenden von Chilis und Sichuanpfefferkörnern gewürzt ist, ist also höllisch scharf, aber lecker!!! Natürlich gab es ja auch noch viele andere leckere Gerichte, die meisten davon aber scharf. Hier noch ein Bild des Fisches:

Irgendwann ist mein Chef dann aufs Klo verschwunden und wir haben gemerkt, dass er wieder zurück ist, als draußen plötzlich ein Chinese auf Englisch herumgelallt hat. Peter hat ihn natürlich zu uns ins Separé eingeladen. Der Gute wollte ja unbedingt seine Englischkenntnisse an uns Laowais 老外 („laowai“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für Ausländer in China, den man als Ausländer wohl am häufigsten hört, immer wieder heißt es hinter deinem Rücken oder manchmal auch direkt ins Gesicht „Oh, guck mal, ein Laowai!!!“ und dazu kommt dann das verblüffte Gesicht… Man kann ja schließlich auch davon ausgehen, dass so ein doofer Laowai auch kein Chinesisch versteht, das würde ja nahezu an ein Wunder grenzen, wenn er/sie Chinesisch könnte ;-)) ausprobieren.
Obwohl der Junge (etwa 24 Jahre alt) ziemlich betrunken war und ständig das gleiche gelallt hat, unter anderem hat er Rudis Freundin (22, was sie ihm auch ständig gesagt hat) die ganze Zeit mit „große Schwester“ angesprochen, dachte Qiwei hätte einen Doktortitel und wollte ihm nicht glauben, dass er keinen hat (Grund: die Schwester der Betrunkenen promoviert in Deutschland und ich meinte, man könnte dafür „doctor“ auf Englisch sagen, da wir davor von Qiwei als „doctor“ gesprochen hatten, ging er natürlich davon aus, das wäre das Gleiche!) und zum Schluss hat er uns so richtig zum Lachen gebracht, als er Rudi mit einem Viech aus Ice Age 2 verglichen hat: „Your name is Peter, your name is Martha, and your name is…???“ „Rudi“ „Ah, yes, Rudi, this I can remember, in Ice Age 2 there is a monster named Rudi!“ 5 Minuten später: “What was your name again?” Rudi: “You know, the monster from Ice Age 2…” “Ah, Rudi!!!” Göttlich… Wir haben uns fast totgelacht… Er wollte dann allen noch Zigaretten anbieten, hat sich vielmals entschuldigt, dass er unser Essen nicht bezahlen kann, weil er nicht so viel Geld dabei hat usw., bis wir dann endlich beschlossen haben zu gehen…
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