Donnerstag, 27. Oktober 2011
Streets of China
Früh um 7 stehe ich immer an einer der Hauptverkehrsachsen von Yingkou auf meinen Shuttlebus. Da bekommt man China von einer interessanten Seite zu sehen.

Am interessantesten ist China nämlich am frühen Morgen, wobei 7 Uhr da nicht mehr richtig früh ist.

Die ersten Drachen sind schon am Himmel zu sehen, die Senioren im nahegelegenen Park steigen lassen.
Hunderte von Taxis fahren vorbei mit Leuten, die mit ernsten Gesichtern zur Arbeit eilen oder telefonieren. Eine riesige Kolonne von Fahrrädern und Rollern, die kein Ende zu nehmen scheint: Schüler in ihren Trainingsanzuguniformen, fein angezogene Büroangestellte auf ihren lautlosen Elektorrollern (@ tinna: das ist der wahre "schleichende Tod"), Rikschas, Großeltern mit ihren Enkeln auf ihren Gepäckträgern und natürlich die alten Leute, die im Schneckentempo mit dem Fahrrad vorbeifahren (Wie machen die das? Wenn ich so langsam fahre, fällt mir mein Fahrrad um!) Je langsamer, desto besser, um ihr Qi nicht zu stören...

Jeder zweite Fahrzeug ist ein Bus, entweder ein öffentlicher oder wie meiner auch ein Shuttlebus, der die Angestellten zu einer Firma bringt. Und so stehen wie ich viele andere am Straßenrand und warten auf ihren Bus.

Zwischen all diesem bunten Durcheinander immer wieder mal eine Müllsammlerin oder ein alter Mann oder eine alte Frau mit ihren dreirädigen Fahrzeugen (diese Dinger sind die wahre Bedrohung für die chinesische Verkehrssicherheit, daher auf vielen Straßen verboten, die Fahrer halten sich so gut wie nie an auch nur irgendeine Verkehrsregel).

An den Kreuzungen sammeln sich Gruppen alter Männer, um über die neusten Ereignisse zu diskutieren. Die Straßen sind bereits voller Autos, darunter erstaunlich viele westliche Marken (BMW, VW, Chrysler, Porsche...) und sehr viele SUVs.
Um China wirklich beim Aufwachen zuzusehen, müsste man schon viel früher aufstehen. Es sieht mittlerweile schon aus wie in einem riesigen Ameisenhaufen, wobei hier jeder seiner eigenen Tätigkeit nachgeht und sich nicht von anderen aus der Ruhe bringen lässt. Ich glaube, in einem Ameisenhaufen geht es geordneter zu.

Seitenspiegel und Bremsen sind hier nur zum Schmuck da, genauso wie Seitenfenster. Schon wieder nähert sich seitlich wieder ein Auto unserem Bus und ändert seine Route erst als er vom Busfahrer ausgehupt wird.

Wenn es wärmer ist, fährt jeden Tag ein älteres Ehepaar in Taijianzügen auf Fahrrädern an mir vorbei - er in blau, sie in rot. Wahrscheinlich sind sie gerade auf auf dem Heimweg von ihrem täglichen Taiji-Training im Park. Damit fängt man ja möglichst früh schon an, am besten so um 5 Uhr. Meine Schwiegereltern stehen im Sommer auch immer um 4:30 uhr auf, um spazieren zu gehen und Badminton zu spielen. Im Sommer ist es um die Uhrzeit draußen noch erträglich. Später wird es dann zu heiß.

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Stromrechnung & Co.
Hier funktioniert fast alles nach dem Prepaid-System (ihr wisst schon, so wie mit den Aufladekarten für`s Handy in Deutschland)... Wer nicht im Voraus bezahlt, darf auch nichts nutzen. Hat ja durchaus seine Berechtigung dieses System, bei so einer großen Bevölkerung könnte man sonst lange auf sein Geld warten, da verliert man auch leicht den Überblick. Aber wenn man vergisst, seine Rechnung zu bezahlen, ist z.B. der Strom schneller weg als bei uns (das hat jetzt übrigens nichts mit dem Stromausfall vorgestern zu tun... nicht das da ein falsches Bild entsteht... wir haben unsere Rechnung bezahlt). Hier rennt einem der Anbieter nicht monatelang mit Mahnungen und Mahnungs-Mahnungen hinterher.

Was wird alles bezahlt und wie? Wasser, Telefon, Internet, Handy, Gas, Heizung etc. ... alles funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip.
Wasser, Strom, Gas und Heizung muss man in Bar beim jeweils zuständigen Amt bezahlen. Woher man weiß, wann? Jeweils einmal im Monat bekommt man vom Anbieter eine "Rechnung". Ich jatte ja auch mal erwähnt, dass es hier in der Regel keine Briefkästen gibt. Neben jedem Hauseingang gibt es aber eine Art schwarzes Brett. Da werden neben den üblichen Benachrichtigungen ("Morgen wird von 8-17 Uhr der Strom/das Wasser abgestellt.", "Alle alten Blumentöpfe etc., die auf öffentlichem Gelände liegen und bis nächste Woche nicht aufgeräumt sind, werden entsorgt."), auch die Rechnungen draufgeklebt. Ja, die sind dann für jeden öffentlich einzusehen. Es stehen aber keine Namen drauf, sondern die Nummern der Wohnungen, was aber im Prinzip auf`s Gleiche rausläuft. Ob da mein Name draufsteht oder die Nummer meiner Wohnung, ist ja egal, der Nachbar weiß, um wen es sich handelt ;)

Man kann sich dann also seine Rechnung dort abreißen und bei Gelegenheit bezahlen. Aber am besten nicht zu spät, sonst hängt 2-3 Wochen später der gleiche Zettel draußen, aber mit dem roten Stempel "Mahnung", auch den können dann alle Nachbarn sehen.

Rückblick: Beijing 2006, Auslandssemester an der Beida (Peking Uni), Martha, Susanne und Brigitte teilen sich eine WG. So gut hatten wir das damals in Beijing nicht, also mit Mahnungen und so. Wir hatten dort tatsächlich eine Art Prepaid-Karte, mit der man den Stromzähler ab und zu füttern musste. Tat man das nicht, oder die Karte war leer, dann war der Strom einfach so weg, ohne Vorwarnung (gut, man konnte natürlich ablesen, wieviel Strom noch drauf war). Arme Brigitte, ein ganzes Wochenende ohne Strom... Beim Telefon hat man damals immerhin 2 Warnanrufe bekommen, bevor es abgeschalten wurde (gut, dass unsere Chinesischkenntnisse damals noch nicht wirklich ausreichten, um diese Warnung zu verstehen ;)

Auch Handy und Telefon wird im Voraus bezahlt. Da bekommt man aber keine Rechnung. Man geht einfach zum Anbieter, in unserem Fall beispielsweise die "China Unicom", sagt seine Nummer und zahlt was auf das Konto ein.
Das funktioniert übrigens mit jeder Nummer. Die prüfen nicht nach, ob die Person, die was einzahlt, Inhaber der jeweiligen Karte ist. So habe ich schon einige Male auf Qiweis Namen etwas eingezahlt. Die Dame hat zwar etwas verwundert geschaut, als da die Ausländerin ankam, mit ihr Chinesisch sprach und Geld auf das Telefonkonto eines chinesischen Mannes eingezahlt hat, aber gesagt hat sie nichts.



Warum ich eigentlich "Rechnung" schreibe? Naja, eine Rechnung ist ja etwas, was man bezahlen muss. Da steht ein Betrag drauf, den man benutzt hat und noch nicht bezahlt hat. Das was wir bekommen, ist eher eine Art Kontoauszug. Es wird angezeigt, wie viel Geld letzten Monat noch auf dem Konto war, wieviel verbraucht wurde und wieviel noch übrig ist. Wenn nichts mehr übrig ist, sollte man etwas draufzahlen, wenn noch was drauf ist, dann kann man selbst entscheiden.

Bei der Heizung bekommt man nur eine Benachrichtigung, die für alle Bewohner des Hauses gilt, dass von und bis zu einem gewissen Termin die Heizungskosten für die kommende Saison bezahlt werden können, wenn man die Heizung nutzen will. Das System hab ich aber noch nicht so ganz raus. Muss mich da noch erkundigen. War ja während der Heizsaison noch nie wirklich da.

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